Beizen und Pickeln


Beizen und Pickeln dienen zur Vorbereitung der Rohhäute für die Gerbung ("Angerbung"). Diese werden hierbei in großen rotierenden Fässern in Lösungen aus Säure, Salz und Enzymen behandelt. Durch die Behandlung wird die Aufnahmefähigkeit für die Gerbstoffe erhöht. 

Beizen und Pickeln sind zwar verwandte Prozesse, aber sie unterscheiden sich in ihren spezifischen Zielen und Methoden. Beide Schritte sind wichtig, um die Qualität und Eigenschaften des späteren Leders zu bestimmen. 


Beizen

Das Beizen bereitet die Haut auf die Gerbung vor, indem es ihre Fähigkeit zur Aufnahme der Gerbstoffe verbessert. Die Beize wird eingesetzt für Lederarten, die besonders weich und geschmeidig werden sollen. Es gilt: Je länger die Beize erfolgt, desto softer wird das Leder. Sie soll zudem restliche Epidermis-, Haar- und Pigmentreste entfernen, sowie den Kalk, der sich beim Äschern angesammelt hat. Sie bewirkt einen zusätzlichen Hautaufschluss, der die Weichheit des Leders maßgeblich beeinflusst.

Beim Beizen werden Enzyme (extrahiert aus Bauchspeicheldrüsen, kombiniert mit Ammonsalzen und Sägemehl) in einem Bad in die Haut eingebracht. Die Beize ist beendet, sobald die Haut an die Oberfläche des Bades aufsteigt. Durch die Gärung entstehen Gase, die kleine Hohlräume in der Haut erzeugen, welche später die Gerbstoffe aufnehmen sollen.

Wasserwerkstatt Bloessen

Pickeln

Pickeln hingegen ist ein spezifischerer Prozess, der oft mit Säuren wie Ameisensäure, Salzsäure, Essigsäure oder Milchsäure durchgeführt wird. Ziel des Pickelns ist es, den pH-Wert der Haut abzusenken und sie für die Gerbung vorzubereiten, insbesondere für die Chromgerbung. Haben die Häute den gewünschten Säuregrad erreicht und den Pickel verlassen, nennt man sie "Pickelblößen". 

Bevor industriell produzierte Wirkstoffe verfügbar waren, kamen unter anderem Vogel- und Hundekot zum Einsatz, auch Weizenkleie wurde verwendet. Wenn ausreichend Menschenurin gesammelt werden konnte, wurde dieser anstelle von Vogel- und Hundekot verwendet. In der Geschichte der Lederherstellung war Urin eine wertvolle Ressource und von großer Bedeutung. Durch die natürlichen Enzyme und Ammoniak im Urin wurde das Leder erweicht und die Fasern aufgebrochen. Dies erleichterte den Gerbern die Vorbereitung des Leders auf die eigentliche Gerbung. Das Leder wurde in einer Mischung aus Urin, Wasser und anderen Substanzen wie Salz eingeweicht.

In einigen Kulturen gab es spezielle Sammelstellen für Urin, um ausreichende Mengen zu sammeln. Die Sammler genossen oft einen besonderen Status, da ihr Beitrag für die Lederindustrie von großer Bedeutung war.

Im 18. und 19. Jahrhundert brachten die Fortschritte in der Chemie neue Methoden und chemische Substanzen hervor, die deutlich effizienter und zuverlässiger waren als Urin, Hunde- oder Vogelkot. Dadurch nahm die Verwendung von Urin in der Lederherstellung ab. Heute kommen solche Stoffe in der Lederproduktion nicht mehr zum Einsatz.

Überlieferungen berichten, dass die Gerber früher den pH-Wert des Pickel-Leders prüften, indem sie einfach auf ein Stück der Haut bissen. Dadurch lösten sich mit der Zeit die Vorderzähne. Trotzdem waren viele Gerber anfangs skeptisch gegenüber ph-Prüfpapieren oder flüssigen Indikatoren, doch diese Methoden setzten sich letztlich durch.

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